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Casimir Bumiller: Der Bauernkrieg im Hegau 1524/25. Rekonstruktion einer revolutionären Bewegung, Meßkirch: Gmeiner, 2024, 224 Seiten,24,- Euro. 

Der Hegau wurde in der Literatur zum Bauernkrieg 1524/25 bisher eher als Randgebiet behandelt und eine wissenschaftliche Darstellung der Geschehnisse rund um den Hohentwiel fehlte lange Zeit. Zwar ist auch Casimir Bumillers Abhandlung nicht neu: Sie erschien erstmals im ersten Band der Hilzinger Ortschronik von 1998, doch in dem Buch mit dem lapidaren Untertitel „Geschichte und Geschichten“ war dieser wichtige Beitrag eher versteckt und wurde überörtlich kaum wahrgenommen. Im Gedenkjahr des Bauernkriegs legt der Verfasser die Darstellung nun noch einmal als eigenständige Monographie vor. 

Bumiller geht in der Einführung auf die wirtschaftliche Situation der Bauern vor dem Bauernkrieg sowie die Impulse durch die Reformation Luthers und vor allem die Lehren Zwinglis ein. In religiöser wie auch politischer Hinsicht hatte die Nähe des Hegaus zur schweizerischen Eidgenossenschaft einen großen Einfluss auf die Forderungen der Bauern. Zudem zeichnete sich der Hegau mit seinen zahlreichen reichsritterschaftlichen Kleinherrschaften und der Sondersituation dem seit 1521 württembergischen Hohentwiel durch eine besonders komplexe Herrschaftsstruktur aus. Diese Faktoren verliehen den Ereignissen hier eine spezifische Eigendynamik. Hinzu kam Anfang Mai 1525 die eigenartige Zweckgemeinschaft mit Herzog Ulrich von Württemberg, der die Aufständischen zu instrumentalisieren versuchte, um sein Land militärisch zurückzugewinnen. Die ungleiche Partnerschaft mit „Utz bur“, wie sich der Herzog angeblich selbst nannte, währte allerdings nur wenige Tage lang. Obwohl sich die Hegauer mit den Aufständischen vom Schwarzwald und der Baar unter Hans Müller von Bulgenbach vereinigten, lässt sich der Hegau somit als eigenständige „Aufstandslandschaft“ abgrenzen.

Zeitlich grenzt Bumiller die Untersuchung mit dem Anfang des Aufruhrs bei der Hilzinger Kirchweih am 2. Oktober 1524 und dem Ende mit der Unterzeichnung des Hilzinger Vertrages vom 25. Juli 1525 ein. Vereinfacht lässt sich diese Zeitspanne in drei Etappen einteilen: Der Herbst des Jahres 1524 war durch Verhandlungen zwischen den Bauern und der Obrigkeit geprägt. Es folgte im Winter eine eher beruhigte Zeit, bevor der Konflikt im Frühjahr 1525 mit der Gründung der „Christlichen Bruderschaft“, die eine neue, egalitäre Gesellschaftsordnung anstrebte, eine revolutionäre Dimension annahm und schließlich, wie überall, militärisch niedergeschlagen wurde. Im Fall des Hegaus war es ein österreichisches Kontingentheer unter Marx Sittich von Hohenems und Felix von Werdenberg, das die nicht kampferprobten Aufständischen besiegte. Die Niederlage am Hohentwiel am 2. Juli 1525 führte zu ihrer endgültigen Unterwerfung. Die Obrigkeit stellte daraufhin die Herrschaftsverhältnisse wieder her und legte im Hilzinger Vertrag die Strafmaßnahmen fest. 

Interesse verdienen die Ereignisse im Hegau aber nicht nur aus der lokalen Perspektive: Denn einerseits waren auch sie in den Gesamtzusammenhang „Bauernkrieg“ eingebettet und standen in in Wechselwirkung zu den Ereignissen andernorts, sodass Bumillers Untersuchung ein exemplarischer Wert zukommt; zum anderen besaßen viele Einzelentwicklungen – darunter beispielsweise die Marschroute des gegnerischen Heeres – unmittelbare Bedeutung für die „angrenzenden Landschaften“, namentlich die Baar.

Bumillers Untersuchung ist auf einer staunenerregend breiten Quellengrundlage aufgebaut und gleichwohl gelingt es dem Verfasser, die vielfältigen Ereignisse in eine logische und stringente Erzählstruktur zu bringen, die – und das nicht zuletzt! – auch gut lesbar ist. Der Verlag Gmeiner hat den Text zudem in eine moderne und optisch ansprechende Form gebracht, sodass der Abhandlung zu wünschen ist, dass sie nun die ihr gebührende Aufmerksamkeit findet. 

Harald Ketterer

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