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Walter Fauler/ Thomas Demattio/ Arnold Kaltenbach: Der Hammer: Ortschronik von Hammereisenbach-Bregenbach: Teil I.) Ortschronik, Teil II.) Häuser- und Familienchronik: Heimatgeschichte – Menschen – Entwicklung. 606 S. 65 € (erhältlich bei der Tourist-Info Vöhrenbach). MDV Maristen Druck und Verlag, Furth bei Landshut 2020.

Die 2020 erschienene Chronik von Hammereisenbach-Bregenbach wurde über 20 Jahre als Gemeinschaftsprojekt erarbeitet und besteht aus zwei Teilen: Der Ortschronik sowie der Häuser- und Familienchronik. Grundlage waren zwei Manuskripte des im Jahr 2002 in Bad Krozingen verstorbenen Archivars Dr. Walter Fauler, der neben Thomas Demattio und Arnold Kaltenbach als Hauptautor genannt wird. Daneben beteiligten sich Ludger Beckmann, Hanns Föhse, Walter Knaus, Stefan Lehmann, Jürgen Ragg, Heiko Wagner und Johannes Werner mit Beiträgen. Redaktionell ist man offenbar so vorgegangen, dass einzelne Abschnitte aus Faulers Manuskripten wortwörtlich übernommen und mit neueren Abhandlungen ergänzt wurden.

Die Ortschronik ist thematisch gegliedert. Den Einstieg bilden die Wappengeschichte und die urkundlichen Ersterwähnungen der Gemeinden Hammereisenbach und Bregenbach. Es folgt ein Abschnitt zur Geologie, dem ein Beitrag von Stefan Lehmann zur Tier- und Pflanzenwelt angeschlossen ist. Das folgende Kapitel zur Vor- und Frühgeschichte wird mit einem Beitrag von Jürgen Ragg, Walter Knaus und Thomas Demattio zum „Kuckucksweiher“ eröffnet. Bei dem Kuckucksweiher handelt es sich nicht um ein Gewässer, sondern um einen sogenannten Schalenstein. Schalensteine sind Steine mit natürlichen oder künstlich geschaffenen Aushöhlungen, deren Ursprung und Zweck unbekannt ist, was auch für die in der Nähe des Kuckucksweihers gefundenen weiteren Schalensteine gelten muss. Faulers anschließende Ausführungen zur Geschichte der Kelten, zum „Krumpenschloss“ und zu „Laubenhausen“ sind durch die neuere Forschung überholt (vgl. Beitrag von Peter Graßmann im Almanach des Schwarzwald-Baar-Kreises 2024).

Der darauffolgende Abschnitt der Ortschronik, offenbar wiederum von Fauler, beschäftigt sich mit den Höfen in Bregenbach und listet die Flur- und Waldnamen der Gemarkungen Hammereisenbach und Bregenbach auf. Im Anschluss daran werden von Fauler und dem Autorenteam die Geschichte der Burg Neu-Fürstenberg und deren Zerstörung im Bauernkrieg sowie die neuzeitlichen Bemühungen um die Erhaltung der Ruine in einem eigenen Abschnitt behandelt. In einem kurzen Absatz berichtet Heiko Wagner von archäologischen Oberflächenbegehungen auf dem Gelände, die zu einer wesentlich verbesserten Datierung der Burganlage geführt haben.

Daran schließt sich der Themenbereich Erzabbau in Hammereisenbach an, wobei die Autoren sich weitgehend auf die bisherigen Erkenntnisse der geologischen und historischen Forschung (Wohleb, Worring, Markl) stützen. Dabei weisen sie auf die Schwierigkeiten des Eisenwerks Hammereisenbach durch Kriege, mangelhafte Entlohnung und geringe Wasserkraft hin, ebenso auf die Streitereien der Bevölkerung mit sächsischen Bergleuten aufgrund konfessioneller Differenzen. Des Weiteren würdigen die Autoren die Leistungen von Ferdinand von Steinbeis als Oberhüttenverwalter im 19. Jahrhundert. Bemerkenswerterweise ist es gelungen, an Gebäuden in Hammereisenbach noch Fabrikerzeugnisse der ehemaligen Eisenhütte auch im Bild zu dokumentieren. Abschließend beschreibt Hanns Föhse die erfolgreiche Suche nach Uran in den Jahren 1979–1981, dessen Menge jedoch für eine wirtschaftliche Nutzung nicht ausreichte. 

Festen Boden betritt man mit den aus dem Gemeindearchiv geschöpften Ausführungen des Vöhrenbacher Stadtarchivars Ludger Beckmann zur Geschichte der Vogteien und der 1897 fusionierten sowie 1971 nach Vöhrenbach eingemeindeten Gemeinden Bregenbach und Hammereisenbach von 1789 bis in die Gegenwart, der in Faulers Text eingegliedert ist. Auf die Gemeindegeschichte folgt die Kirchengeschichte der 1887 zu einer Pfarrgemeinde erhobenen Ortschaften, denen 1902 der Neubau einer Kirche gelang. Schon seit den 1830er Jahren besaß man das Begräbnisrecht. Auf dem Friedhof erscheint besonders bemerkenswert das von dem Bildhauer Wolfgang Kleiser geschaffene Stelenfeld für die verstorbenen Bewohner des Heims Fischerhof der Bruderhaus-Diakonie. Ein Exkurs über den Priester Ambros Oschwald, verfasst von Johannes Werner, würdigt dessen Tätigkeit in der Kuratie Hammereisenbach, beschreibt jedoch auch Oschwalds Überzeugung, Wunderheilungen durchführen zu können, und seine apokalyptischen Visionen. Die Amtskirche war froh, dass Oschwald sich schließlich zur Auswanderung in die USA entschloss und aus dem Kirchendienst ausschied. Mit einer rund hundertköpfigen Anhängerschar gründete er in Wisconsin die Gemeinde St. Nazianz als katholische Laiengemeinschaft nach „urchristlich-urkommunistische[m] Ideal“ (S. 139). Den logischen Anschluss an die Kirchengeschichte bildet die Geschichte von Schule und Kindergarten.

Im nächsten Themenbereich beschäftigen sich die Autoren mit Industrie und Gewerbe. Sie gehen dabei auf die frühesten Handwerksberufe, die ersten Bürger- und Gewerbelisten ab 1824 und vor allem auf die Bedeutung des Sägewerks Kromer für die Gemeinde ein. Daneben beschreiben sie die mit dem Sägewerk in Verbindung stehenden Gewerbe sowie die gemeindliche Infrastruktur mit wichtigen Ausführungen zur Geschichte der durch das Tal ziehenden Landstraße. 

Ein besonderer Schwerpunkt der Chronik liegt mit rund 130 Druckseiten auf der Geschichte der Vereine (darunter auch der Feuerwehr), die aufbauend auf Faulers Forschungen von den Autoren (teilweise vermutlich von den Vereinen selbst) bis in die Gegenwart verfolgt wird. Viele Fotografien bereichern die Darstellung. Den Schluss der Ortschronik bildet ein Abschnitt „Verschiedenes“: Armenfonds mit Armenhaus, Hammereisenbach in der Revolution von 1848/49 und das Ende des Zweiten Weltkriegs. Des Weiteren beinhaltet der Abschnitt die Biographien des Hammereisenbacher Originals Gallus Wahl sowie vor allem des Bildhauers Wolfgang Kleiser. 

Die zweite Hälfte des Buchs bildet eine Häuser- und Familienchronik, die auf einem schon 1991 abgeschlossenen Manuskript Faulers aufbaut und von Thomas Demattio umfassend überarbeitet und ergänzt wurde. Dabei machte sich die Stadt Vöhrenbach die Mühe, sämtliche Einwohner um Zustimmung zur Veröffentlichung der bis in die Gegenwart reichenden Haus- und Familiendaten zu bitten. So entstand eine quasi tagesaktuelle Zusammenstellung aller Häuser und Familien des Orts; eine unschätzbare Quelle für Forschungen aller Art, in der sich zahlreiche Perlen nicht nur zur Sozial- und Hausgeschichte, sondern auch zur Geschichte von Gewerbe und Landwirtschaft finden lassen. Alle Gebäude sind im Bild dokumentiert; zusätzlich wurden die Bilder als CD dem Buch beigelegt, so dass sie künftigen Forschungen in vernünftiger Qualität digital zur Verfügung stehen. Zu diesem Kapitel müssen auch die drei sorgfältig beschriebenen Ortsansichten von 1840–1875 (S. 162–163) gezählt werden, die eine herausragende Quelle sind. Als Außenstehender vermisst man lediglich eine Karte als Überblick.

Fauler hatte besonderes Gewicht auf einen personengeschichtlichen Ansatz gelegt. Seine Abschnitte werden durchgängig von mit großem Fleiß erarbeiteten Personenlisten begleitet, die Amts- und Würdenträger sowie Vereinsvorstände aufzählen. Die Häuser- und Familienchronik ergänzte er offenbar durch eine (Teil-?) Auswertung der Kirchenregister. Allerdings hätte man dem Autorenteam entschieden mehr Mut im Umgang mit den Manuskripten Faulers gewünscht. So wertvoll viele offensichtlich auf Fauler zurückgehende Ausführungen (im Einzelnen ist Faulers Autorschaft nicht nachgewiesen) auch sein mögen, so bleiben sie doch durchgängig unbelegt. Es wirkt unglücklich, dass in den Einzelabschnitten zunächst offenbar die Texte Faulers kommen, dann zum gleichen Thema die ausführlicheren und sehr viel fundierteren Beiträge der weiteren Autoren folgen. Auch mit der Übernahme der handbuchartigen, jedoch an einigen Stellen inkonsequent wirkenden Gliederung von Faulers Text hat man sich keinen Gefallen getan. Zudem wäre von dem Verlag eine sorgfältigere Gestaltung der unruhig gesetzten Bilder und Texte zu erhoffen gewesen. Trotz dieser Mäkeleien: Dem Autorenteam ist es insbesondere durch die Einbeziehung mündlicher Überlieferungen gelungen, die Chronik zu einem umfassenden Werk zu formen, das auf lange Sicht Bestand haben wird und für weitere Forschungen unentbehrlich ist. Sie ist ein wahres Gedächtnis der Gemeinde.

Ricarda Szalay

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